Kleine Arkana Tarot Karten

Vier der Kelche – des bewussten Verzichts

vier der kelche tarot bedeutung: Figur unter Baum blickt auf drei Kelche, Hand aus Wolke reicht vierten – Nachdenken, Stille, neue Chance erkennen.
Vier der Kelche (Kleine Arkana): Innenschau, Sättigung und die Möglichkeit, frische Impulse anzunehmen.

Nach der Drei der Kelche – geteilte Freude und Dank im Kreis – bringt die Vier der Kelche den Rahmen ins Element Wasser. Die 4 steht numerologisch für Struktur, Ruhe, Konsolidierung. Im Gefühlsthema kann diese Ruhe als Atempause heilsam sein – oder als Apathie kippen. Das bekannte Motiv vom „Kelch, den man vorüber ziehen lässt“ benennt genau diese Schwelle: Ist das Nein ein klug gesetzter Rand – oder ein Abwehrreflex aus Müdigkeit? In dieser Tarot Symbolanalyse lesen wir die Karte als Einladung zur bewussten Auswahl.

Sternenbach-Analyse

Bildbeschau

Unter einem Baum sitzt eine Figur mit verschlossenen Armen. Vor ihr stehen drei Kelche auf dem Boden. Eine Hand aus der Wolke bietet ihr einen vierten Kelch an – die Figur blickt weg.

  • Baum & Sitzhaltung: Der Baum schafft Schatten und Schutz – ein Ort der Einkehr. Die gekreuzten Arme zeigen innere Grenze: Ich halte mich, bevor ich mich wieder öffne.
  • Die drei Kelche am Boden: Das bereits Erlebte/Erreichte. Freude, Kontakte, Routinen – genug, um satt zu sein, vielleicht übersättigt.
  • Die Hand aus der Wolke: Ein neues Angebot – Inspiration, Einladung, Chance. Es ist die gleiche „Wolkenhand“-Grammatik wie beim Ass: Es könnte gut sein.
  • Abgewandter Blick: Non-Response statt Impuls. Hier liegt der Kern: Nicht jeder Kelch muss angenommen werden. Doch dauerhaftes Wegschauen stumpft ab.
  • Landschaft & Horizont: Keine Dramatik, kein Sturm – eher stillgestellte Zeit. Die Entscheidung fällt innen, nicht im Außen.

Die Szene macht klar: Die Karte ist kein Urteil über das Angebot, sondern eine Momentaufnahme innerer Sättigung. Das Wie des Neins entscheidet, ob es Weisheit oder Abwehr ist.

Kontextualisierung

Im historischen Tarot des Marseille-Typs blieb die Vier der Kelche eine Pip-Karte; Pamela Colman Smith erzählte 1909 im Smith–Waite erstmals die psychologische Szene: Einkehr unter dem Baum, das neue Angebot, das (noch) nicht ergriffen wird. In der Golden-Dawn-Linie (der das Deck folgt) stehen Kelche = Wasser (Gefühl, Beziehung, Intuition), die 4 für Rahmung. Zwischen der Drei (sozialer Überschwang) und der Fünf (Verlust/Trauer) markiert die Vier einen Stillpunkt: Neujustierung des Herzens, bevor es wieder in Bewegung geht – der „Kelch, den man vorüber ziehen lässt“, kann Schutz oder verpasste Chance bedeuten. Das historische Tarot zeigt hier bewusst Ambivalenz.

Schlüsselbegriffe

  • Sättigung & Sammlung: Erst verdauen, dann neu trinken.
  • Grenze & Auswahl: Ein Nein klärt – solange es bewusst gesetzt ist.
  • Abwehr & Apathie (Schatten): Wenn jedes Angebot „zu viel“ ist, fehlt nicht der Kelch, sondern Kontakt zum Gefühl.

Praxis-Transfer

  1. Reflexionsfrage: Welchen einen Kelch (Einladung, Projekt, Beziehungsgeste) lässt du gerade vorüber ziehen – und warum? Ist es Selbstschutz mit klarem Grund, oder Müdigkeit ohne Prüfung?
  2. Alltagsaufgabe – „Drei + Eins“-Check (15 Min.):
    • Liste deine drei bestehenden Kelche (Zeit-/Herz-Bindungen), die aktuell Vorrang haben.
    • Prüfe den vierten Kelch mit drei Fragen:
      1. Nährt er eines der drei?
      2. Ersetzt er sinnvoll eines der drei?
      3. Überlastet er dich – und wenn ja, was müsstest du abstellen, um ihn anzunehmen?
        Entscheide dann aktiv: Annehmen (und benenne, was du im Gegenzug lässt) – oder vorüber ziehen lassen (mit Dank statt Abwehr).

Zusammenfassung

Die Vier der Kelche übersetzt die 4 ins Wasser: Rahmen fürs Gefühl. Nach der geselligen Drei hält das Herz kurz inne – um wieder zu wählen. Der „Kelch, den man vorüber ziehen lässt“ ist kein Fehler, wenn das Nein bewusst geschieht und Wurzeln schützt. In der Sternenbach-Analyse lautet die Essenz: Wähle dein Nein so achtsam wie dein Ja. Dann wird aus Stillstand Sammlung – und der nächste Schluck wieder lebendig.

Autor

  • Johannes von Sternenbach hat die „Sternenbach-Analyse“ entwickelt, mit der klassische Rider-Waite-Symbolik und praktische Alltagsimpulse verschmelzen. Mit seinem feinen Blick für Details, seiner fundierten Expertise und seinem Sinn für historische Hintergründe führt er durch jede Karte, zeigt zentrale Motivpaare auf und gibt praxisnahe Anregungen für den Alltag mit. Seine Beiträge bieten wertvolle Einblicke, um Tarot nachhaltig im täglichen Leben zu verankern.