
Die Karte „Der Mond“ trägt im Rider-Waite-Tarot die Zahl XVIII. Nach der Klarheit des Sterns (XVII) tritt hier ein Moment der Ungewissheit ein: Schatten, Illusion, Täuschung. Die 18 enthält die Doppelung der 9 (Vollendung, Weisheit), wirkt aber im Mond als Verdunkelung – die Weisheit ist da, doch sie zeigt sich nur verschleiert. In der Heldenreise ist der Mond eine der Prüfungen, die der Held durchwandern muss, bevor er ins Licht zurückkehrt: ein Gang durch Nacht, Angst und Spiegelbilder.
Symbolsprache: Ein großer Mond dominiert die Szene, sein Gesicht halb verborgen. Unter ihm ein Weg, der sich zwischen zwei Türmen hindurchschlängelt. Ein Hund und ein Wolf heulen den Mond an, zwischen ihnen kriecht ein Krebs aus dem Wasser. Die Landschaft ist unwirklich, traumhaft, voller Symbolik für das Unbewusste.
Sternenbach-Analyse – Der Mond Bedeutung im Tarot
Bildbeschau
Der Mond strahlt trügerisches Licht: Er leuchtet, aber er ist kein eigenes Licht, sondern ein Spiegel der Sonne. Die beiden Türme wirken wie Tore in eine unbekannte Sphäre – Grenzen, die es zu überschreiten gilt. Hund und Wolf stehen für domestizierte und wilde Triebkräfte, die gleichermaßen auf den Mond reagieren. Der Krebs, der aus dem Wasser kriecht, symbolisiert das Unbewusste, das in dieser Phase aufsteigt und uns verunsichern kann. Der gewundene Weg führt hinaus in eine unklare Ferne – eine Einladung, trotz Unsicherheit weiterzugehen.
Kontextualisierung
Im Tarot de Marseille zeigt „La Lune“ ebenfalls einen Mond, Tiere und Wasser – dort stärker als Symbol für Träume, Nacht und Täuschung. Waite und Pamela Colman Smith vertieften dies, indem sie Hund und Wolf als Gegensätze zwischen Kultur und Natur einbrachten. Im Thoth-Tarot Crowleys ist die Karte stark kabbalistisch aufgeladen, verbunden mit dem Zeichen Fische – Symbol für Täuschung, Spiritualität, Auflösung des Egos. Im historischen Tarot zeigt der Mond damit stets eine Schwelle: das Reich der Nacht, in dem nichts eindeutig ist.
Schlüsselbegriffe
- Illusion & Täuschung: Der Mond zeigt Dinge verzerrt, nicht in klarem Licht.
- Angst & Prüfung: Der Weg führt durch Unsicherheit – die Reise wird zur inneren Auseinandersetzung.
- Unbewusstes & Intuition: Träume, Instinkte und Gefühle treten stärker hervor.
Die Zahl 18 verstärkt diese Ambivalenz: Sie ist die Verdopplung der 9, Zahl der Weisheit – doch hier zeigt sich Weisheit zunächst verschleiert. Der Mond prüft uns: Können wir unseren inneren Kompass auch dann finden, wenn äußere Klarheit fehlt?
Praxis-Transfer
- Reflexionsfrage: Wo in deinem Leben erlebst du derzeit Unsicherheit oder Verwirrung – und wie könntest du deiner Intuition mehr Vertrauen schenken?
- Alltagsaufgabe: Führe über eine Woche hinweg ein Traumtagebuch. Notiere jeden Morgen, was dir in der Nacht begegnet ist, und achte auf Symbole, die dir Hinweise geben könnten.
Zusammenfassung
Der Mond im Rider-Waite-Tarot ist die Karte der Illusion, der inneren Prüfung und der Ungewissheit. Seine Zahl 18 macht ihn zur Verdoppelung der Weisheit (9) – ein Hinweis darauf, dass Erkenntnis möglich ist, aber nur durch das Durchschreiten der Nacht.
In der Heldenreise ist der Mond die Prüfung im Schatten: Der Held muss durch Zweifel, Angst und Täuschung gehen, bevor er ins Licht der Sonne gelangt. Die Karte erinnert uns, dass Unsicherheit Teil des Weges ist – und dass Vertrauen in die eigene Intuition die Brücke durch die Nacht sein kann.